Josef Valčík
Josef Valčík ist das
proteische Element des Ateliér Valčík. Proteisch nicht etwa aus
dem Grund, dass er die Methoden seines Schaffens oder seinen
Stil nach aktuellen Moden gewechselt hätte. Im Gegenteil, die
Art seines Malens, Fotografierens und seines bildhauerischen
Schaffens weist langfristig bestimmte konstante Züge auf, die
die thematische und motivische Seite seiner Arbeit, die
bevorzugten Gattungen oder auch seine Technik und seine
Handschrift betreffen. Trotz dieser Konstanten kommt Josef
Valčík nicht mit nur einem Medium seines Malens aus wie die
anderen Mitglieder des Ateliér, er überprüft ständig
unterschiedliche Arten der bildenden Kunst und bewegt sich auf
ihren Grenzen. Josef Valčík begann als Maler von Landschaften,
Blumensträußen und Aktbildern, und dieses Interesse für die
schwindenden Gattungen des Malens vermochte er auch an seine
Kinder weiterzugeben, an Magda und Aleš. Die Technik des Acryls
und seine leidenschaftliche pastose Handschrift führten ihn
jedoch zu abstrakten Kompositionen mit symbolischen Verweisen,
die in der Mitte der 90-er Jahre auftauchten und seitdem auch
alle seine bisherigen und folgenden Arten und Techniken
beeinflusst haben. Seine Blumensträuße, Aktbilder und
Landschaften bilden seit dieser Zeit nur einen Vorwand für den
entfesselten Rhythmus seines gestischen Malens, das zu einem
charakteristischen Merkmal seiner Weltsicht geworden ist. Ein
proteisches Wesen ist Josef Valčík jedoch noch aus einem anderen
Grund. Er betritt offen den piktographischen Kreislauf von
Werbung, visueller Provokation und Kitsch, um sich selber
ständig Fragen zu stellen über den Sinn des eigenen Tuns
zwischen diesen kompliziert geschichteten und miteinander
ringenden Ikonosphären. So erscheint in seinem Werk die
Polarität zwischen Symbolhaftigkeit und leeren Gesten, zwischen
Kommerz und Unabhängigkeit, zwischen sakralen Bedeutungen und
Obszönitäten. Diese Polaritäten zeigen sich zunächst in
Aktbildern und den fast nichtfiguralen Kompositionen, um dann in
seinen Porträts, Jagdszenen oder den Fotografien nackter
bemalter Frauenkörper oder den keramischen ironisierenden
nackten Torsos voll zur Geltung zu kommen. Wenn wir in diesem
Fluß von Bildern verschiedener Medien etwas ertasten wollen, was
ihre Entstehung motiviert, dann finden wir hinter den gemalten
Bildern, Fotografien oder Plastiken der Welt von Josef Valčík
eben das schon angedeutete Charakteristische. Das Malerische
meldet sich durch Farben, die auf einer Fläche die Entstehung
von Gestalt definieren, in die Farben der Körper übergehen, der
Keramik die Patina ansetzen. Wir stellen fest, dass Josef Valčík
nicht mit einer Farbe oder mit einem typischen Farbakkord zu
verbinden ist. Viel eher kommen wir ihm näher durch Kontraste
zwischen dunklen monochromatischen und strahlenden bunten
Flächen. Das Fotografische bringt die Festhaltung des
Augenblicklichen und Unwiederholbaren ins Spiel. In diesem Sinne
kommt es nicht nur in den fotografischen Bildern zum Vorschein,
sondern auch in den Momentaufnahmen des fließenden Zustands der
Malerei oder der fest werdenden zerfurchten Gestalt einer
Statue. Das Bildhauerische, seit jeher mit Volumen und Raum
verbunden, spricht nicht nur aus verschiedenen dreidimensionalen
Formen der gebrannten Tonerde, sondern auch aus stilisierten
Kompositionen der Bewegung und des Durchdringens in natürlicher
Körperlichkeit, ebenso wie aus Spontaneität und gleichzeitig
Strenge von Acrylflecken. Das Malerische, das Bildhauerische und
das Fotografische ermöglichen, jedes auf seine Weise, sich auch
mit den oben erwähnten Polaritäten im Werk von Josef Valčík
auseinanderzusetzen. Das Fotografische bringt auch Konnotationen
von Werbung, Trivialkunst und Kommerz mit sich, das
Bildhauerische wiederum totemische oder pseudomemoriale
Bedeutungen. Das Malerische schließlich verweist auch auf
mögliche auratische Bedeutungen, auf Katharsis, andererseits
auch auf das Gekünstelte und Leere. Diese drei Medien mit ihrem
eigenen inneren Gedächtnis, welche auch verschiedene Horizonte
von Möglichkeiten öffnen, formen das bisherige Porträt des
Malers Josef Valčík. Jedes von ihnen entspricht einem anderen
Ich, einer anderen Seite seiner Persönlichkeit, aber nur in
ihrem wechselseitigen Zusammenspiel erkennen wir Ansätze dessen,
was seine innere Integrität bilden könnte.
Doz. PhDr. Marian Zervan, PhD. (1952)
ist Theoretiker und Ästhetiker der Kunst und der
zeitgenössischen Architektur. Er schrieb Bücher über sakrale
Ikonographie, ist Kurator von Ausstellungen über die slowakische
Gegenwartsarchitektur im In- und Ausland, für die er
umfangreiche Studien in die Ausstellungskataloge verfasst hat.
Er wirkte als Dozent an der Fakultät für Architektur der TU
Bratislava, gegenwärtig ist er auch Dozent an der Hochschule für
bildende Kunst in Bratislava. |